GPS-Tracker für Kinder
Immer mehr Eltern statten ihre Kinder mit GPS-Trackern aus. GPS-Tracker sind eigenständige Geräte oder Smartwatches, mit deren Hilfe man den Weg der Kinder überwachen kann und die meist auch auf Tastendruck einen Notruf zu einer beliebigen Telefonnummer aufbauen können.
Der Grund für den Kauf ist für die meisten Eltern das ganz natürliche Bedürfnis, ihre Kinder in Sicherheit zu wissen und ihnen in einer Notsituation die Möglichkeit zu geben, schnell Hilfe zu holen.
Doch erfüllen GPS-Tracker diesen Zweck?
Ich denke nur sehr bedingt und erkläre hier auch warum.
Es ist ein erstaunliches Phänomen, das ich regelmäßig auf Elternabende zum Thema „(Sexualisierte) Gewalt an Kindern“ erlebe:
Trotz der ausführlichen Darlegung, dass über 80% der Täter aus dem Bekanntenkreis der Kinder kommen (Verwandte, Erzieher, Lehrer, Trainer, Jugendleiter, Betreuer, Pfarrer, Nachbarn… - siehe Blogartikel "Wer sind die Täter") und es auch speziell für diese Tätergruppe Handlungsstrategien braucht, beziehen sich die ersten Nachfragen der Eltern eigentlich immer auf Verhaltenstipps, die ihre Kinder vor dem klassischen Fremdtäter schützen sollen, der rein statistisch doch in der absoluten Minderheit ist. Die Angst vor dem Fremden scheint aber eine Angst zu sein, die bei den meisten Menschen unglaublich tief sitzt.
Und genau auf diese Ängste zielen die Angebote der Kinder-Tracker.
Stellen Sie sich aber mal die absurde Situation vor, dass Sie ihr Kind auf dem Weg zum Klavierlehrer am Bildschirm verfolgen und es dann für 1 Stunde in Sicherheit wissen, wenn es dessen Haus betritt...
Zudem denke ich, dass Täter sehr schnell Möglichkeiten finden werden, dass diese Tracker nicht zum Einsatz kommen.
Daher ist es viel wichtiger, Kindern wirkliche Handlungsstrategien zu vermitteln und mit ihnen zu trainieren, die einen Schutz vor dem bekannten und dem fremden Täter bieten:
- Wie erkenne ich eine kritische Situation schon möglichst früh? Mit meinem Bauchgefühl (siehe Blogartikel Intuition stärken).
- Wie setze ich mich möglichst früh bei Grenzverletzungen zur Wehr? Durch lautes Nein sagen und eine klare Körpersprache.
- Was kann ich machen, wenn auf mein Nein nicht gehört wird? Sofort Weggehen und Hilfe holen (siehe Blogartikel 3-Sekunden-Regel).
- Wie und wo bekomme ich am schnellsten Hilfe? Überall da, wo sich Erwachsene aufhalten (Einkaufsläden, Frisör, Bank...). Dabei gezielt einzelne Personen ansprechen und sich nicht abwimmeln lassen.
Der Einsatz von GPS-Trackern sollte (wenn überhaupt) nur als kommunikative Ergänzung genutzt werden, nachdem mit dem Kind Vereinbarungen getroffen wurden, wie es sich in kritischen Situationen verhalten soll.
Eine wundervolle Möglichkeit, dass zu lernen und zu üben, sind z.B. meine Selbstbehauptungstrainings für Kinder ab dem Vorschulalter, Eltern mit Kindern, Jugendliche und Erwachsene , aber auch andere Kinderkurse von qualifizierten Kolleg*innen, die ihren Fokus nicht ausschließlich auf dem Fremdtäter haben.
Hier noch ein weiterer Beitrag aus dieser Blog-Reihe:
"Sexueller Missbrauch - wie viele Kinder sind betroffen?"
Autor: Thomas Unger
Zuletzt aktualisiert am 20.08.2025
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